SN-Media Blog http://www.sn-media.com/de/blog Wer sich bei allen beliebt machen will, wird schnell beliebig. de-de Fri, 19 Apr 2024 02:24:41 +0200 Werkvertrag vs Dienstvertrag in der SoftwareentwicklungHeute möchte ich mich aus gegebenen Anlass damit beschäftigen was ein Werkvertrag und was ein Dienstvertrag ist. Im Grund ist das Basiswissen für jeden selbstständigen Unternehmer und Freiberufler, aber insbesondere Jungunternehmer und Jungfreiberufler fallen hier häufig auf die Nase und zahlen bisweilen Lehrgeld in erheblichen Umfang.

Konkret beschäftigt mich das Thema heute, weil ich über folgende Projekt Ausschreibung gestolpert bin.

Golem.de sucht Programmierer für Webprojekt!
Wir, die Macher von Golem.de, suchen Programmierer/in und Webdeveloper/in für ein befristetes IT-Werksprojekt.
Was ihr können solltet: PHP7; MySQL 5.6; HTML; CSS; Grafikdesign sowie Webfrontend- und Backenddevelopment.
Wenn ihr Interesse habt, so sendet uns bitte ein paar Zeilen zu euch selbst sowie Referenzprojekten, die ihr verwirklicht habt, an business (at) golem.de (Bewerbungen oder Fragen bitte nur per Mail. Wir können keine privaten Nachrichten oder Kommentare berücksichtigen)
Wir freuen uns auf eure Einsendungen.
Euer Sven

Quelle: Google+ Beitrag von Golem.de

Das Projekt wird vom Golem.de als „Werksprojekt“ ausgeschrieben, was dazu führt, dass die geneigten Programmierer sich in diesem Projekt als Werkvertrag nehmende engagieren würden. Golem.de zählt zu den größeren Webportalen im deutschsprachigen Internet und berichtet über Neuigkeiten in der IT-Welt. Golem.de erreicht dabei 1,66 Millionen Leser (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Golem.de)

Also was ist ein Werkvertrag? Die Wikipedia schreibt dazu:

Ein Werkvertrag ist ein Typ privatrechtlicher Verträge über den gegenseitigen Austausch von Leistungen, bei dem sich ein Teil verpflichtet, ein Werk gegen Zahlung einer Vergütung (Werklohn) durch den anderen Vertragsteil (Besteller) herzustellen. In Deutschland sind Werkverträge nach §§ 631 ff. BGB geregelt. Der Werkunternehmer ist dabei derjenige, der das Werk erstellt. Der Unternehmerbegriff im Werkvertragsrecht ist damit anders zu verstehen als im übrigen Recht.

Quelle: Wikipedia

Dem gegenüber steht der Dienstvertrag, den die Wikipedia wie folgt beschreibt:

Ein Dienstvertrag liegt nach deutschem Recht vor, wenn sich eine Vertragspartei zur Leistung von bestimmten Diensten und der andere Teil zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet hat. Darunter fallen selbständige oder nichtselbständige; abhängige, eigenbestimmte oder fremdbestimmte Dienstleistungen.

Quelle: Wikipedia


Für Unbedarfte, wirkt es vielleicht so als würden diese Typen an Verträgen auf das gleiche hinauslaufen, tun sie aber nicht. Sie unterscheiden sich gravierend in den daraus resultierenden Pflichten und Rechten der Vertragsnehmer und Vertragsgeber sowie der Form der Vergütung.

Im Werksvertrag verpflichtet sich der Werkunternehmer dem Werkbesteller zur Herstellung eines Werkes. Für dieses Werk haftet der Werkunternehmer und muss gesetzliche Gewährleistungsansprüche erfüllen. Darüber hinaus wird der Werkunternehmer nicht für die Arbeit, wohl aber für das daraus resultierende Werk entlohnt, wenn nicht anders geregelt erst nach Fertigstellung des Werkes (häufig werden etappenweise Entlohnungen vereinbart). Bei einem Werksvertrag geht der Werkschaffende somit in Vorleistung (Quelle: Wikipedia).

Der Dienstvertrag hingegen verpflichtet den Dienstverpflichteten zum Erbringen eines vertraglich vereinbarten selbstständigen Dienst und den Dienst nehmenden zur Entlohnung dieses Dienstes. Dabei wird dem Dienstverpflichteten die Bemühung entlohnt, unabhängig vom Ergebnis. Die Vergütung wird in vertraglich vereinbarten Intervallen vorgenommen, in der Regel monatlich bei geschäftsüblichen Zahlungszielen (Quelle: Wikipedia).

Üblich im Rahmen selbstständiger freiberuflicher Arbeit in der Softwareentwicklung ist der Dienstvertrag. Warum ist das so?

Software ist so komplex, dass sie selten von nur einem Entwickler programmiert werden kann, was dazu führt, dass viele Entwickler an einem Softwareprodukt arbeiten. In der Regel gibt es zwar Verantwortlichkeiten einzelner Entwickler für einzelne Teile der Software, es wird aber häufig (fast immer) Verantwortlichkeitsbereich übergreifend gearbeitet. Keiner der Entwickler hat den Erfolg eines Softwareprojekts alleine in der Hand, würde man im Rahmen eines Werkvertrages arbeiten, könnte also keiner für sich garantieren seine Leistung so zu erbringen das die Leistung zum Erfolg und damit zur Bezahlung führt. Auch würde sich die Frage nach der Haftung und Gewährleistung stellen, wenn nicht nur ein einziger Entwickler pro Komponente arbeitet. Darüber hinaus ist der selbstständige Entwickler nur projektbezogen an der Entwicklung beteiligt, wie sollte ein Freiberufler nach Ende des Projekts Garantie und Gewährleistungsansprüche auf eine Software erfüllen, die nicht mehr unter seiner Kontrolle bzw. seinem Zugriff steht? Nicht zu vergessen, dass Freiberufler im Regelfalle keine Haftungsbeschränkung besitzen und folglich mit ihrem gesamten Privatvermögen haften, was bei einer solch unübersichtlichen Haftungsfrage Harakiri gleichkommt.
Im Wesentlichen sind das die gewichtigsten Argumente dafür, dass selbstständige/freiberufliche Softwareentwicklung immer im Rahmen eins Dienstvertrages stattfindet und nicht im Rahmen eines Werkvertrages. Meiner Meinung nach sind Werkverträge für freiberufliche Programmierer grundsätzlich prekär und dienen nur dem Zweck der Übervorteilung durch den Werkbesteller und genau hier wird es interessant. Wer gelegentlich bei Golem.de vorbei schaut, der wird sicher schon gemerkt haben, dass man hier eher links lastig schreibt und positioniert ist. Sobald es um Politik geht, werden bei Golem.de in der Hauptsache Themen und Standpunkte von „die Linke“ und des links außen Flügels der Piraten vertreten. Auch Gewerkschaftsnahes schreiben ist bei Golem.de eher die Regel als die Ausnahme1. Auch muss man davon ausgehen, dass ein IT-News-Webportal bzw. deren Redaktion vom Fach ist und über die Gepflogenheiten in der Beschäftigung freiberuflicher Programmierer nicht unbedarft ist. Man kann also davon ausgehen das Golem.de vorsätzlich versucht freiberufliche Entwickler in ein prekäres Arbeitsverhältnis zu bringen und zu Überforteilen.

1)
http://www.golem.de/news/mehr-lohn-amazon-streik-vor-ostern-beginnt-1603-119915.html
http://www.golem.de/news/lohn-streit-um-anzahl-der-streikenden-bei-amazon-1603-119967.html
http://www.golem.de/news/arbeitsgericht-berlin-amazon-setzt-verbot-fuer-streikende-auf-firmengelaende-durch-1604-120220.html
http://www.golem.de/news/2016-verdi-will-streiks-bei-amazon-auf-nachbarlaender-ausweiten-1601-118662.html
http://www.golem.de/news/verdi-streiks-bei-amazon-vor-ostern-massiv-ausgeweitet-1603-119950.html
http://www.golem.de/news/onlinehandel-streiks-bei-amazon-deutschland-und-aktion-in-polen-1605-120663.html
http://www.golem.de/news/onlinehandel-rund-2-100-amazon-arbeiter-im-streik-1506-114809.html

 

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http://www.sn-media.com/de/blog/Werkvertrag vs Dienstvertrag in der Softwareentwicklung/42http://www.sn-media.com/de/blog/Werkvertrag vs Dienstvertrag in der Softwareentwicklung/42Sat, 14 May 2016 00:00:00 +0200